Kultur & Kirche - 7. Veranstaltung | 21.09.2024 | Kath. Michaelskirche Gaiberg
Von brennenden Blockflöten und artistischen Einlagen
Der internationale Ruf war ihnen vorausgeeilt, und entsprechend groß war die Nachfrage nach Platzkarten. Manch einer hatte Sorge, dass es zu Gedränge am Eingang und erst recht in der geräumigen Michaelskirche von Gaiberg hätte kommen können, doch dank des Online-Reservierungssystems lief alles ganz gesittet ab. Die meisten Besucher waren so rechtzeitig gekommen, dass die Zeit nicht nur für die Parkplatzsuche reichte, sondern auch für das obligatorische Gläschen Sekt oder Selters vor Beginn der Veranstaltung – eine Tradition bei allen bisherigen und sicherlich auch zukünftigen Veranstaltungen von Kultur & Kirche.
Vom Saxofon-Quartett über Kinderchor, vom Kammermusik-Trio über ein Orgelkonzert, vom astrophysikalischen Vortrag bis hin zum Vokalensemble – vieles gab es in der Kulturreihe des Evangelischen Kirchenbauvereins Gaiberg e.V. am Ort schon zu hören und zu bestaunen. Aber brennende Blockflöten und artistische Saltos? Es wäre ihnen zuzutrauen gewesen, den drei verrückten Musikern aus dem Ruhrpott, die auf ihrer Deutschlandtournee zwischen Hamburger „Elphi“ und Berliner Philharmonie in Gaiberg Station gemacht haben. „25 Jahre auf dem Holzweg“, so lautete das Motto von „Wildes Holz“. Das mit den brennenden Blockflöten war eher ein humorvolles Versprechen für den Teil nach Pause, um die Spannung zu schüren. Doch diese war ohnehin hoch – ganz ohne brennende Blockflöten und artistische Einlagen. Vom ersten Ton an wusste Tobias Reisige mit seiner nahezu unendlichen Sammlung von Blockflöten zu begeistern. Markus Conrads entlockte seinem Kontrabass und seiner Mandoline unglaubliche Töne und Geräusche, und der Dritte im Bunde, Johannes Behr, bildete mit seinen Gitarren die musikalische Klammer des Trios.
Alle drei sind hochbegabte und professionell ausgebildete Musiker, die deutschlandweit und auch jenseits der Landesgrenzen die Musiksäle und Kirchen füllen – und natürlich auch die Gaiberger Michaelskirche. Immer humorvoll und mit dem Schalk im Nacken begeisterte das Trio die teilweise weit angereisten Gäste.
Die Setlist des Abends ist ein Parforceritt durch die Musiklandschaft: eigene Kompositionen der drei Musiker stehen in bester Gesellschaft zu Stücken von Lou Reed („Walk on the Wild Side“), George Gershwin („Summertime“), Mars Bonfire („Born to be wild“) bis zu Luigi Boccherini mit dem Streichquintett in E-Dur oder John Dowlands „The Earls of Essex Galliard“, um nur einige zu nennen. Herbert Groenemeyers „Mensch“ war in der neuen Instrumentierung kaum wiederzuerkennen und bei „Highway to Hell“, bekannt von AC/DC, hielt es niemand mehr auf den Sitzen. Wer weiß, welchen Schaden die Gemäuer der sanierungsbedürftigen Peterskirche bei derlei Musik genommen hätten! Der Vorsitzende des Kirchenbauvereins, Martin Boeckh, stellte in seiner Begrüßungsansprache auch unmissverständlich klar, dass es Sinn und Zweck des Konzertes ist – wie alle Veranstaltungen von Kultur & Kirche –, eben diese denkmalgeschützten Gemäuer zu erhalten, zu sanieren und darüber hinaus auch wieder einen benutzbaren Gemeinderaum zu schaffen.
„My Heart will go on” kennt man von Céline Dion oder auch als Titelmelodie von Titanic. Doch wenn hier bisweilen Tränen der Rührung kullern, so blieb bei dem finalen Stück des Abends auch in Gaiberg kein Auge trocken, als Markus Conrads das Stück auf einer meterlangen Baumsäge intonierte.
Der Abend mit seinen gut drei Stunden Musik, Begegnung und Unterhaltung wurde zu einem großen Erfolg, für den sich Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel bei den Verantwortlichen und Aktiven des Kirchenbauvereins ausführlich bedankte.
Möglich war das Projekt nur durch das reibungslose Miteinander vieler Akteure: die Vorstandsmitglieder des Kirchenbauvereins für die gesamte Organisation bis hin zum Getränkeverkauf, die Gemeindeverwaltung und die Mitarbeiter des Bauhofs mit dem Transport der Bühnenelemente, die Kath. Kirchengemeinde für die kurzfristige und spontane Bereitstellung der Michaelskirche, die Gaiberger Ersthelfer vor Ort, die glücklicherweise niemanden wiederbeleben mussten und Ralf Sutter von Musikalien TonArt/Musikschule Schönau, der die Beleuchtungsanlage selbstlos zur Verfügung gestellt hatte, um hier nur die wichtigsten Akteure zu nennen.
„Wildes Holz“ erklärte sich darüber hinaus bereit, auf ihr Honorar zu verzichten, da sie gleich vom guten Zweck der Sache überzeugt waren.
Die Kollekte am Ausgang war üppig, und einige Besucher überwiesen teils dreistellige Beträge im Nachhinein auf das Vereinskonto. All diesen möchte der Vorstand an dieser Stelle ausführliche DANKE sagen! Alle erhalten eine entsprechende Spendenquittung.
Wer das Konzert von „Wildes Holz“ verpasst hat, kann ganz in unserer Nähe versuchen, noch Karten für weitere Auftritte zu bekommen: Am 7. Dezember 2024 gastiert das Trio im Patat in 64720 Michelstadt im Odenwald und am 23. Mai 2025 in Schwetzingen. Weitere Tourtermine kann man auf www.wildes-holz.de finden.
Nachfolgend einige Videosequenzen und Fotoimpression des Abends.
boe
Fotos & Video: (c) Martin Boeckh
Bericht aus der Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) v. 25.09.24 - mit freundlicher Genehmigung. (Download als pdf-Dokument durch Anklicken des Bildes).